Eine Frage der Haltung: Robert Schaper und seine Kunst
Manchmal explodiert einem der Kopf. Und manchmal explodieren einem die Bilder im Kopf. Robert Schaper ist Nachtwache in einer Schwerstbehinderten-Wohngruppe. Er sagt von sich, dass Malen sein „Hobby“ ist. Ein Hobby, aber ein „sehr, sehr ernstes“. Das ist untertrieben, denn Schaper schafft es mit seinen expressiven, großformatigen Werken, die Bilder im Kopf des Betrachters explodieren zu lassen. Düster und voller energetischer Kraft geben seine Bilder den Emotionen des Betrachters ein Ventil für die verborgene Intensität der eigenen Abgründe – und erstrahlen nichtsdestoweniger in ergreifender Schönheit.
Robert Schaper
Für Robert Schaper geht es um Farben, um Energie, um Anspannung – und um Entspannung. Er malt, um der Kunst Raum zu geben: „Die Bilder an sich sind wichtig, nicht die Materialien“. Konsequenterweise malt der 32-Jährige häufig auf Schrankrückwänden. „Meine Materialien finde ich überall, wo sie mir begegnen, häufig auf der Straße. Sperrmüll halt, das bietet sich an.“
Die aufrechte menschliche Haltung
Eine Haltung, die Schapers Kunst ungeahnte Kraft verleiht, denn seine Bilder haben eine fast körperliche Präsenz: Man sieht in ihnen die schwungvollen Bewegungen des Malers und ungeahnte Energien werden frei. „In ihrem Format sind meine Bilder dem aufrecht stehenden Körper eines Menschen ähnlich. Ohne Arme und Beine natürlich, ganz rudimentär. Auf jeden Fall spiegelt das für mich einfach die aufrechte menschliche Haltung.“
Schönheit inmitten der Düsternis
Robert Schaper fühlt sich in Hannover zu Hause, liebt das Grüne, den Fluss, die Natur. Und auch das sieht man seinen Werken an. Wer genau hinschaut, erkennt Fische und Libellen, Gesichter und Augen, aber auch Straßenschluchten und Schornsteine in Schapers Bildern. Facetten und Abgründe. Schönheit inmitten der Düsternis. Schaper ist ein genauer Beobachter. Dennoch gibt er sich schüchtern und bezeichnet sich als „Autodidakten“. Er betont, dass er „wenig Kontakt“ zu anderen Künstlern hat, keiner Schule angehört und „lediglich“ Glasmaler gelernt hat: „Das war nur Handwerk“.
Immer auf der Suche
Privat ist es immer wieder ein Erlebnis, mit Robert Schaper unterwegs zu sein. Denn er geht mit offenen Augen und seinem ganz eigenen Blickwinkel durch die Welt: „Für mich ist es wichtig, mir immer wieder selbst auf die Schliche zu kommen“. Sei es auf Ausstellungen von Arnulf Rainer oder Horst Janssen, die er nach langer Nachfrage endlich als seine Vorbilder benennt, oder auf Rockkonzerten von Bands, die sein Faible für einen äußerst individuellen Musikgeschmack erkennen lassen. Schaper ist nicht nur Beobachtender, sondern nimmt mit seinen vielseitigen Interessen und seiner Kunst aktiv an seiner Umwelt teil.
Aus dem Leben
Und dennoch: Robert Schaper hat ein Problem. Seine Wohnung wird immer kleiner. Wie eine wuchernde Pflanze breiten sich die Werke, die er selbst geschaffen hat, in seinen vier Wänden aus. Kein Wunder: Seine Kunst ist mitten aus dem Leben, gewachsen „aus dem Chaotischen, wild Wuchernden“.
Also höchste Zeit für eine Ausstellung. Aber wie nicht anders zu erwarten, wundert sich der 32-Jährige über öffentliches Interesse: Einmal hat er ausgestellt, „und dann habe ich einen Anruf bekommen von einem Ehepaar, und die haben ‚Hallo‘ gesagt und mir 200 Euro gegeben und ein Bild mitgenommen. Das war’s dann.“
Eine Frage der Haltung
Was manchmal wie Understatement klingt, ist in Wirklichkeit eine Haltungsfrage. Im Farbspiel von Schapers Kunst wird dann die ganze Kraft der Wahrnehmung präsent: „Also Rot ist das Innere, das Fleisch, der Körper, Blut. Schwarz ist für mich das unbekannte Dunkle, die Unendlichkeit. Und Weiß ist für mich einfach das Licht. Ja, und das Braune, die Schrankrückwände, das ist für mich halt die Erde, der Grund, auf dem wir alle sitzen und stehen.“
Immer auf der Suche – Robert Schaper
Nicht verpassen:
Robert Schaper ist am 23. Juni zu Gast auf der langeleine-Release-Party. Der 32-Jährige präsentiert eine Auswahl seiner besten Bilder auf einer Vernissage im Café Siesta.
Ausstellung im Mephisto
Anschließend sind Robert Schapers Werke noch bis zum 10. August in einer großen Ausstellung im Mephisto zu sehen.
(Fotos: Jörg Smotlacha)
Schon irgendwie trübsinnig, die Bilder. Aber ausdrucksstark auf jeden Fall.